Bei Splitter erschien soeben
eine der großartigsten Graphic Novels der letzten Jahre. Der französische
Zeichner und Szenarist Christophe Bec
hat eine dystopische Nachkriegswelt erschaffen, die in ihrer Dramatik,
Schroffheit und erhabenen Majestät ihresgleichen sucht. Mehr als 400 Jahre nach
dem letzten Krieg ist das Wissen darum wie es früher einmal war fast
vollständig in Vergessenheit geraten. Nur ein einzelner Suchender macht sich
auf den Weg zum „Blauen Kind“, denn von ihm soll man alles über die Geschichte
der Erde erfahren können … Das Album INEXISTENZEN stellt einen Schaffenshöhepunkt
im Werk Becs dar – und ist vor allem durch die gigantischen
Ausfalt-Doppel-Seiten ein optischer Genuss der Extraklasse!
Das Frühjahrsprogramm von
Carcosa ist ein einziges Loblied auf die Kurzgeschichte: Mit SELTSAME
GESCHEHNISSE liegt endlich der erste Erzählungsband der amerikanischen
Schriftstellerin und (Small Beer Press-)Verlegerin Kelly Link auf Deutsch vor. Das 2001 erschienene Original enthält
11 Stories, von denen nur zwei oder drei bereits übersetzt wurden, den Rest hat
nun Maike Hallmann gekonnt
übertragen und so das Humorvolle und Leichte, das Links Geschichten
auszeichnet, dem hiesigen Publikum zugänglich gemacht.
Ganz neu bei uns ist Rebecca Campbell, eine kanadische
Autorin, die für ihren aus sechs Geschichten zusammengefügten Mosaikroman
ARBOREALITÄT 2023 mit dem Ursula K. Le Guin Prize ausgezeichnet wurde, nachdem
sie für die zentrale Erzählung 2021 bereits den Theodore Sturgeon Memorial
Award einheimsen konnte. Große Erwartungen also an ein kleines Buch – welche
dieses aber spielend erfüllt, vor allem auch, da die Übersetzung von Barbara Slawig (Hallo! Lange nichts
mehr gehört/gelesen; welcome back) den ebenso klaren wie flüssigen Stil
Campbells in ein klangvolles Deutsch bringt.
Memoranda bringt hingegen die
dritte „Best of“-Sammlung der Erzählungen von „Altmeister“ Michael Marrak unter dem Titel ASTROSAPIENS. Auf 350 Seiten sind
hier acht Geschichten aus den letzten 25 Jahren vereint; zwei davon sogar als
Erstveröffentlichungen, die anderen wie gewohnt in teilweise erheblichen Überarbeitungen,
sodass sich Kauf und Lektüre in jedem Fall lohnen. Die Gestaltung des Buches
übernahm der Künstler selbst, verwendete dabei jedoch Bilder von Michael Hutter. Lustiges Detail: Blurp
von Andreas Eschbach auf dem Umschlag
(s. u.).
„EXO-PROGRESSIONEN [ist] meine erste STELLARIS-Erzählung, und trotz
ihrer Kürze eine Story mit längerer Geschichte. Ihre Geburtsstunde »feierte«
sie im Jahr 1999 unter dem Titel »Pimperlinge« und war damals mein Beitrag für
den Storywettbewerb des EuroCon 99 zum Thema »Money Makes the Space Go Round«,
bei dem ich meines Wissens Platz 4 belegt habe. In der Jury saß damals u. a.
auch Andreas Eschbach, der von meinem Machwerk alles andere als begeistert war (Marrak:
Zero Points). Ihre zweite, erweiterte Inkarnation erfuhr die Geschichte knapp
ein Jahr später unter demselben Titel in der Ausgabe 37 des SF-Magazins ALIEN
CONTACT. Herausgeber Hardy Kettlitz war damals ob des Titels ein wenig
irritiert, weil er »Pimperlinge« nicht als Synonym für Kleingeld bzw. Geldmünzen
kannte, sondern das Wort von »pimpern« ableitete, einem umgangssprachlichen Begriff
für »koitieren«.“
Michael Marrak – „Nachbemerkungen“ ; in: ASTROSAPIENS (S. 342)