TEMPORAMORES - Newsletter # 289 - 7.9.2018




KURZMELDUNGEN

Bücherherbst, die Neuerscheinungen fallen nur so in die Regale, man kommt kaum nach, egal ob als Sammler oder Leser. Hier eine kleine Blütenlese der letzten Tage – und da ist schon sehr viel Schönes dabei!

Zwei Jahre nachdem Torben Kuhlmann seine abenteuerlustigen Mäuse in ARMSTRONG zum Mond geschickt hat, legt er mit EDISON (NordSüd, ISBN 978-3-314-10447-3, 112 Seiten) den dritten Teil seiner „Alternativen Weltgeschichte“ vor. Diesmal schickt er seine kleinen Helden auf den Grund des Atlantiks um „Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes“ zu lösen. Gar keine Frage, dass dies nicht ohne Gefahr für Leib und Leben der kleinen Tüftler und Erfinder abgeht – und ebenfalls keine Frage, dass Kuhlmann die Geschichte wieder mit unendlicher Sorgfalt und Liebe fürs Detail gezeichnet und erzählt hat. Am Ende geht jedenfalls nicht nur den Mäusen „ein Licht auf“.

Meine Vorliebe für als „schwierig“ geltende Autoren, hat mich unweigerlich zu David Foster Wallace geführt, jenem großen amerikanischen Romancier und Essayisten, dessen Genialität solche Meisterwerke wie UNENDLICHER SPASS und DAS HIER IST WASSER hervorbrachte und der dann doch vor zehn Jahren so tragisch an seiner Krankheit, der Depression, scheiterte. Sein deutscher Übersetzer und vermutlich größter Fan Ulrich Blumenbach hat jetzt auf mehr als tausend Seiten „alle Essays“ von Wallace gesammelt und unter dem Titel DER SPASS AN DER SACHE (Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-04989-3) herausgegeben. Das silberne Hardcover ist in Format und Design ein Zwillingsbruder von UNENDLICHER SPASS, sodass beide Bücher eine optische Einheit bilden. Enthalten sind alle 33 Essays, die Wallace veröffentlicht hat, davon 29 in Deutscher Erstveröffentlichung – ein unerschöpflicher Quell origineller Ideen und großartiger Sprachbeherrschung!

Neu auf der Krimibestenliste von FAZ und DLF im September 2018: James Graham Ballard mit seinem Roman MILLENIUM PEOPLE (Diaphanes, ISBN 978-3-0358-0045-6, 360 Seiten). Das im Original 2003 veröffentlichte Werk gehört zu einer Reihe von Gesellschaftsromanen in denen der späte Ballard seinen englischen Landsleuten einen noch schwärzeren Spiegel vorhält, als dies der frühe und mittlere Ballard sowieso schon tat. Insoweit also „nichts Neues unter der Sonne“? Wer aufmerksam liest und sich auf diese bitterböse Beschreibung eines gegen sich selbst wütenden Mobs aus Mitgliedern einer Londoner Mittelklasse-Siedlung einlässt, entdeckt einen überraschenden neuen Zug Ballards: schwarzen Humor.



ZITAT

„Kinobesucher der 1990er, die sich bei Filmen wie Twister […] und Jurassic Park vor Ehrfurcht und Enttäuschung an die Köpfe gefasst haben, können sich bei James Cameron bedanken, der in Terminator 2: Tag der Abrechnung eingeführt hat, was in diesem Jahrzehnt ein neues Filmgenre mit großem Budget geworden ist: Special-Effects-Porno.“

David Foster Wallace „Die (gewissermaßen) fruchtbare Bedeutung von Terminator 2; in: Ders. DER SPASS AN DER SACHE (S. 681)



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