TEMPORAMORES - Newsletter # 237 - 12.8.2015




KURZMELDUNGEN

Dass Andreas Eschbach in der Science Fiction alles kann, zeigte er zuletzt erneut in seinen zwei PERRY RHODAN-Romanen; dass er auch weiß, wie Kinder und Jugendliche „ticken“, macht den besonderen Reiz seiner Jugendbücher aus. Spannend, emotional bewegend und psychologisch stimmig beschreibt Eschbach in AQUAMARIN (Arena, ISBN 978-3-401-60022-2, 400 S.) den Leidensweg von Saha, dem einzigen Mädchen in der australischen Küstenstadt Seaheaven, dass aufgrund einer körperlichen Disposition nicht schwimmen kann, was sie in einer Spaß-Gesellschaft am Meer sowieso schon zur Außenseiterin macht. Als sie dann auch noch herausfindet, dass ihre „Behinderung“ die durch Genmanipulation erlangte Fähigkeit ist, unter Wasser zu atmen, hat sie ein weiteres Problem: Im 22. Jahrhundert sind solche Manipulationen streng verboten. Unterstützt von einem Mitschüler und einer mitfühlenden Lehrerin versucht Saha ihr „Geheimnis“ zu verbergen und sich einen Platz im Sozialgefüge Seaheavens zu erobern. Für kurze Zeit scheint ihr das auch zu gelingen, doch ein Zwischenfall beim großen Hafenfest zwingt sie, sich zu ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten zu bekennen und die Konsequenzen ihres »Anders-seins« zu akzeptieren… Geschickt verknüpft Eschbach die Handlung mit bereits erkennbaren Tendenzen der Gentechnik, der Erschließung der Meeresböden und der Entstehung immer kleinerer „Staaten“, die letztlich nur noch Interessenzonen politisch-kommerzieller oder religiöser Art darstellen. AQUAMARIN ist eine gelungene Mischung aus Science Fiction und Entwicklungsroman und ebenso tiefgründige wie kurzweilige Lektüre für den Strand – und irgendwo auf unserer Welt ist schließlich immer Sommer.

Der russische Schriftsteller Vladimir Sorokin feierte gerade seinen 60. Geburtstag und da passt es gut, dass bei Kiepenheuer & Witsch sein neuester Roman TELLURIA (ISBN 978-3-462-04811-7, 415 S.) erschienen ist. Der Zukunftsroman spielt in der Bergrepublik Telluria, in der man die Droge Tellur als Heilmittel nutzt und Tellur-Nägel in die Köpfe der Bewohner schlägt. Wer da nicht glücklich lächelt, hat in Telluria nichts verloren. In 50 Kapiteln, und in ebensovielen stilistischen Varianten (was dazu führte, dass die Übersetzung vom „Kollektiv Hammer und Nagel“ vorgenommen wurde – immerhin 8 gestandene Russisch-ÜbersetzerInnen!),  vermittelt Sorokin seinen Lesern seine tiefpessimistisch-satirische Weltsicht, die in der letztendlichen Rückbesinnung auf das eigene Ich und seine Grundbedürfnisse mündet: „Gekrault wird nur, was ein Fell hat. Geredet nur mit den Vögeln im Walde. Was braucht der Mensch mehr?“ (S. 410).

Bei Atlantis ab sofort erhältlich: Die elfte Ausgabe des SF-Magazins PhaseX, das sich diesmal der „Astronomie“ gewidmet hat. Herausragend: Artikel und Story von Alastair Reynolds.



ZITAT

„Und ein jeder eine Sonne
Größer noch als wie die unre?
Und um jede kreisen wieder
Solche wunderbare Erden?
Und von all den kleinen Wesen,
Die auf solcher Erde wohnen,
Denkt ein jedes, daß die andern
Ringsum nur zum Spaße tanzen?“

Kurd Laßwitz – „Des Astronomen Rache”, in: PhaseX, Nr.11 (S. 101)

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