TEMPORAMORES - Newsletter # 190 - 13.9.2012




KURZMELDUNGEN

Wie mag es wohl sein, Zeuge des Eintritts der „Singularität“ zu werden, jenes Moments, an dem die von Menschen erdachten und gebauten Maschinen erstmals – und unwiderruflich – schlauer sind als ihre Schöpfer? Die (hiermit wärmstens empfohlenen) Bücher von Vernor Vinge geben vermutlich nur einen recht ungenügenden Eindruck davon, aber das reicht schon aus für ein mulmiges Gefühl. Während die Science Fiction (vom Rest der Literatur einmal ganz abgesehen) also recht hilflos vor der Aufgabe steht, eigentlich Unbeschreibliches zu beschreiben, kann man aus den aktuellsten Veröffentlichungen von Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten entnehmen, dass es vermutlich noch wir selbst und unsere Zeitgenossen sein werden, welche die Eingangs gestellte Frage zu beantworten haben.

Ein kurzer Blick in die Lektüren der letzten Tage zeigt, dass auf der einen Seite gleich mehrere Arten von Quantencomputern in der Entwicklung sind (Rainer Scharf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 5. September), während Roland Reuß in seiner Streitschrift ENDE DER HYPNOSE (Stroemfeld, ISBN 978-3-86600-141-1) unmissverständlich darlegt, dass die von der Politik und der Gesellschaft völlig unkritisch hingenommene „Herrschaft“ des Netzes nur durch verstärkte Buchlektüre gebändigt werden kann. Und während die einen noch darüber klagen, dass die Werte der Zivilisation immer schneller verfallen, zeigt Altmeister Bob Dylan sich auf seinem neuen Album TEMPEST (Sony Music) davon völlig unbeeindruckt und erzählt uns (unter anderem) die Geschichte vom Untergang eines großen Schiffes namens TITANIC.

So getröstet, greift man voller Optimismus zum wie immer unvergleichlichen, unverzichtbaren und unglaublicherweise immer noch in gedruckter Form erscheinenden SCIENCE FICTION JAHR 2012 (Heyne, ISBN 978-3-453-52972-4, 990 Seiten), das sich in unzähligen Essays, Interviews, Statistiken und Rezensionen mit dem Weltgeschehen in Vor-Singularitäts-Zeiten auseinandersetzt. Als Herausgeber (und zum Teil auch als Autoren) zeichnen Sascha Mamczak, Sebastian Pirling und Wolfgang Jeschke verantwortlich. Ihnen zur Seite stehen unter anderem Andreas Platthaus, Klaus N. Frick, Christian Endres, Margaret Atwood,  Gary K. Wolfe, Rainer Eisfeld, Dietmar Dath, Hartmut Kasper und der GröFaZ (Größte Faktensammler aller Zeiten) Hermann Urbanek. Erstmals versucht man zudem, die Übersichtlichkeit durch eine telefonbuchähnliche Schnittfärbung zu erhöhen. Weiter so!



ZITAT

„Diese widersprüchlichen Anforderungen lassen sich am besten mit elektrisch geladenen Atomen erfüllen, die in Ionenfallen festgehalten werden. Indem man die isolierten Ionen gezielt mit Laserlicht oder Mikrowellen anregt, sie paarweise zusammenführt und miteinander wechselwirken lässt und sie schließlich mit Laserlicht zum Leuchten bringt, werden die Qubits gespeichert, verarbeitet und ausgelesen.“

Rainer Scharf – „Der Computer, der Unmögliches schafft“

(in: Natur und Wissenschaft, Beilage der FAZ; 5.9.2012)




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